Empirische Religionsforschung

Offensichtlich scheint das Phänomen der Religion eine Grunddimension menschlicher Existenz darzustellen, zu welchem Zugänge aus den unterschiedlichsten Perspektiven existieren (Vgl. Waardenburg, Jacqes: Religionen, 2, f.). So wird und wurde beispielsweise aus dem Blickwinkel bestimmter religiöser Anschauungen, der Versuch unternommen, die (eigene) Religion als Offenbarung Gottes zu qualifizieren und die Existenz anderer Religionen in ein exklusivistisches, inklusivistisches oder pluralistisches Ordnungsschema zu integrieren (So z.B. bei theologischen Klassikern wie: Barth, Karl: KD, I, 1, 198-206, oder: Schleiermacher, F .D. E.: Religion, 131-173).

Gegenüber apologetischen Zielvorstellungen verpflichteten oder grundlegende religionsphilosophische Fragen diskutierenden Religionsdeutungen, wird von verschiedenen Praktischen Theologen inzwischen eine relativ pragmatische Herangehensweise an das Religionsphänomen bejaht, welche Religion als spezielle Erscheinung des Soziallebens  aufzufassen und die Herausbildung religiöser Überzeugungen in Beziehung zu individuellen Sozialisationsbedingungen zu setzen imstande ist.  

Religion wird dabei zunehmend unter dem Gesichtspunkt ihrer sozialen, therapeutischen, kulturellen sowie transzendenzerschließenden Funktion analysiert. Eine wichtige Rolle spielt dabei, seit dem als ‚zweite empirische Wende’ bezeichneten Praktisch-Theologischen Paradigmenwechsel Mitte der 70er, die systematische, methodisch nachvollziehbare Auswertung von Erfahrungen (=Empirie) (Vgl.: Meyer-Blanck, Michael, Weyel, Birgit: Praktische Theologie, 49-59).

 Bis zum heutigen Zeitpunkt entstanden auf dem Gebiet Praktisch-Theologischer Religionsforschung eine beträchtliche Zahl zumeist qualitativer Untersuchungen, die aus unterschiedlichen Perspektiven wie Biografie- und Individualitätsforschung, Milieuforschung oder mit Schwerpunkt auf dem zeitlichen Wandel religiöser Einstellungen wertvolle, empirisch fundierte Zugänge zum Religionsphänomen lieferten. Gedacht ist hierbei an Studien zur Rolle persönlicher Gegenstände als Bedeutungssymbole des Selbst (Mädler, Inken, Transfiguration), der Rolle von Religion in Familiensystemen (Schwab, Ulrich: Familienreligiosität), Arbeiten zur Alltagsseelsorge (Hauschildt, Eberhard: Alltagsseelsorge) sowie im Schwesternfach Religionspädagogik abgefasste Studien zum Konfirmanden- und Religionsunterricht (z.B.: Frank, Katharina: Schulischer Religionsunterricht oder Roth, Elisabeth: Wiener Studie 2008)

Auch meine Arbeit sieht sich Praktisch-Theologischer Forschung dieser Kategorie verpflichtet. Im Optimalfall soll die Untersuchung durch Darlegung einer potentiellen Realisationsweise praxisorientierter empirischer Forschung exemplarisch wirken und ihren Anteil zum Projekt der fortschreitenden Verankerung dieser Forschungsrichtung (Vgl.: Baumler, Christof, u.A.: Methoden, 244-251) in unserer wissenschaftlichen Teildisziplin beitragen. Neben den im Vordergrund stehenden Inhalten der Forschungsfragen geht es also auch darum, die Praktikabilität und Adäquatheit eines bestimmten Zugangs zur Wirklichkeit zu ratifizieren.