| Religion auf der ReiseAlljährlich lassen sich ca. 168 Millionen (Siehe:http://www.dsbev.de/das-gewerbe/wirtschaftsfaktor-volksfest/) Menschen in Deutschland von den Jahrmarkts- und Volksfestveranstaltungen mit ihrer speziellen Atmosphäre aus Exotik, Spannung und Lebensfreude in den Bann ziehen. Komplexe technische Anlagen stehen Seite an Seite mit Spiel- und Verkaufsgeschäften sowie teilweise nostalgischen Attraktionen. Doch nur gelegentlich erfährt die ortsfest lebende Bevölkerung etwas über die Menschen hinter den Anlagen. Diesen Umstand nahm ich auf der Grundlage einer langjährigen Beschäftigung mit dem Reisegewerbe (Circus und Schausteller) sowie meines ehrenamtliches Engagements bei der Gesellschaft der Circusfreunde Deutschlands bereits in den Jahren 2008/2009 zum Anlass, eine umfangreiche Diplomarbeit zur Circus- und Schaustellerseelsorge zu verfassen. Da allerdings bereits bei der Abfassung der Arbeit klar wurde, dass nur unter Zugrundlegung einer umfangreichen Feldforschungsarbeit im Dialog mit Schaustellerinnen und Schaustellern selbst verlässliche Erkenntnisse über Religiosität, berufsspezifische poimenische Anfragen sowie Lebenswelt auf der Reise gewonnen werden können, soll diese Arbeit nun im Zuge eines Dissertationsprojekts weiterentwickelt und weiter ins Detail der Thematik eingestiegen werden. Aus dem ständigen Ortswechsel, den gewachsenen Traditionsstrukturen sowie der selbständigen Erwerbsweise resultiert eine sehr spezifische Daseinskultur, die m.E. im Kontext kulturethnologischer Erwägungen - z.B. im Sinne der entsprechenden Begrifflichkeit des Soziologen und Feldforschers Roland Girtler (Vgl.:Girtler, Roland: Randkulturen, 34-36, 71-79) - gedeutet werden kann. Da das Grundlagenwissen der betroffenen Relate bislang nur in einzelnen wenigen Veröffentlichungen ansatzweise dargestellt wurde, ist auch deren Eruierung und Deskription Bestandteil der Arbeit. Konkret gesprochen geht es dabei also um die Frage, in welchem Wechselverhältnis milieuspezifische Alltagsproblematiken, Wertsysteme und religiöse Wirklichkeitskonstruktion innerhalb dieser mobilen Berufsgruppe stehen. Der Zugang zur Thematik soll dabei durch eine aus den Sozial- und Kulturwissenschaften stammende, qualitativ-empirische Methodik erfolgen. Zur Auswahl stehen: Feldgespräche, ethnografische Interviews, Leitfadeninterviews sowie narrative Interviews (Vgl.: Bortz, Jürgen, Döring, Nicola: Forschungsmethoden, 313-318, 332-334), wobei ich momentan zur Anwendung des letztgenannten Verfahrens tendiere. Dabei wird anhand einer Erzählanstoßes der Kommunikationsraum eröffnet, wobei Signale aktiven Zuhörens die Aussagebereitschaft des Interviewpartners unterstützen sollen. Dementsprechend müssen für die drei o.g. Bereiche sinnvolle Erzählanstöße ausformuliert werden. Diese Interviews werden sodann transkribiert und gemäß einem unter dem Stichwort ‚grounded theory’ (‚gegenstandsorientierte Theorie’) bekannten Verfahren der qualitativen Sozialforschung analysiert. Prinzipiell geht es bei diesem Verfahren darum, in mehreren Codierungsschritten den Transkripten - so textnah wie möglich - allgemein abstraktere Ideen, Hypothesen und Konstrukte zuzuordnen bzw. diese aus den Texten auf methodisch transparente Weise zu entwickeln. Gemäß meiner Zielvorstellung soll am Ende des Verfahrens schließlich ein umfangreiches Bedeutungssystem zur Theoriebildung über Religion, Lebenswelt und religiöse Wirklichkeitsdeutung im Schaustellerbereich stehen. Aus diesem Grund hoffe ich, dass mein Arbeitsergebnis auch als Beitrag zur kulturellen Vermittlung der differenten Lebensweisen innerhalb einer Gesellschaft gelesen werden kann. |
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